Ja, ihr habt richtig gelesen. Die Pubertät kann ein Geschenk sein und sogar dankbar machen. Nicht immer, nicht jeden Tag, auch mich nicht. Trotzdem genieße ich die Einmaligkeit, als alleinerziehende Hundehalterin, weil eine “Hundemutti” bin ich sicher nicht, alle Entwicklungsphasen und Wesensveränderungen meiner Hündin hautnah zu erleben.
“Jeder Tag ist ein neuer Anfang.”
So oder so ähnlich lauten schlaue Sprüche. Von denen gibt es genug im Netz und auch ich propagiere den ein oder anderen sehr gerne. Und dieser stimmt zu 100 Prozent. Gerade in der Zeit der Pubertät.
#pubertät #pubertier #puberterrier | Eine kleine Persönlichkeit wächst heran.
Als ich mich dazu entschloss, wieder einen Welpen durch mein Leben wirbeln zu lassen, hatte ich nur Erinnerungen an meine ehemalige Hündin Frida im Kopf. Absolut zuverlässig, souverän, mit wenigen Wehwehchen ausgestattet. Verblendet von einem absoluten Traumhund. Ihre Pubertät und unsere Probleme (!) am Anfang, bis so ziemlich zur Mitte ihrer Lebenszeit, waren irgendwo in meinen hintersten Gehirnwindungen verschwunden. Allerdings war ich damals noch voll berufstätig. Den größten Teil der Erziehung übernahm, zwangsläufig, mein damaliger Lebensgefährte. Daher auch der völlige Filmriss bei unangenehmen Themen.
Wenn wir heute über Frida reden, dann müssen wir beide herzlich lachen. Sie bleibt unser Traumhund, egal was war!
Damit Lykke aber nicht untergeht bei all den Rosen für ihre Vorgängerin, ist es mir ganz wichtig zu schreiben, wie sehr ich nun diese Zeit des Anfangs und der Entwicklung mit ihr genieße. Es könnte garnicht besser sein. Dafür gibt es viele Beispiele. Ich habe euch schon lange versprochen, einen Text über unsere kleine “Waldarbeit” zu schreiben. Dazu bin ich noch immer nicht gekommen, weil es mir so schwer fällt, meine Gefühle und Intuition in Wörter und einen ganzen Texte zu fassen. Das braucht Zeit. Genauso braucht Lykke Zeit für ihre Persönlichkeit.
Familiäre Bande trägt zur Entwicklung bei!
Robert Mehl, ich entschuldige mich hiermit bei allen, die seinen Namen nicht mehr lesen mögen (was ich allerdings nicht verstehen könnte). Also er sagte, dass es von Vorteil ist, wenn Hunde in einem Sozialverband, also mit mehr als einer Person, aufwachsen und unseren Umgang miteinander erfahren.
Tja, Lykke und ich leben alleine. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen bekommen. Lykke ist also wie ein Kind, dass keinen Vater hat und dem dadurch der männliche Zugang fehlt. Dabei raufe ich besser als manch anderer Kerl, würde ich behaupten!
Trotzdem verstehe ich genau, was er meint, der gute Robert. Denn Hunde sehen täglich unser Verhalten, lesen unsere Körpersprache, beobachten die Interaktion mit anderen und wie wir mit uns selber umgehen.
Was macht das mit dem Hund?!
Sie lernen unter anderem am Modell oder gucken sich Dinge ab, nicht nur bei anderen Hunden. Latentes Lernen. Mal abgesehen von den Dingen, die wir ihnen aktiv beibringen mit Leckerli und Co.. Ob Klassisch oder operant.
Somit kann man sich nun ungefähr vorstellen, was unsere Vierbeiner alles “mitnehmen”, wenn es in der Familie (nicht) gut läuft. Es hat direkte Auswirkungen, wenn sich Paare anschreien oder ihre Kinder. Wenn ständig Stress herrscht und der Hund dazwischen hängt. Kein guter Input, weder für Kinder noch für Hunde! Auch dafür hätte ich Beispiele aus eigener Erfahrung. Ich habe mir vorgenommen, bei Lykke viel sensibler mit diesem Wissen umzugehen.
Verantwortung will gelernt sein.
Jetzt kann ich sagen, wie gut, dass ich alleine bin oder auch wie ungünstig. Und wie oben geschrieben, habe ich wirklich kurz gedacht, wie schade für Lykke, dass sie nur mich hat. Das merke ich unter anderem daran, dass sie ohne mich nicht kann. Wenn ich sie alleine lasse, nur kurz, dann hat sie ein Problem. Ganz langsam versuche ich mich da ran zu tasten. Denn auch, wenn ich mir wünsche, dass sie irgendwann mal für ein paar Stunden alleine bleiben kann, weiß ich, wieviele andere Dinge schon so gut laufen.
“Focus on the good!”
Es liegt in meiner Verantwortung ihr das Alleinebleiben, welches für Hunde nicht (!) natürlich ist, beizubringen. Da gibt es keinen Knopf. Und auch für die anderen Themen bin ich alleine verantwortlich. Früher war das einfacher. Freund und Familie haben vieles abgefangen, wo ich heute alleine ran muss. Ich will keineswegs jammern aber mir war Ende des letzten Jahres nicht mehr wirklich bewusst, wie anstrengend es ist, einen Hund groß zu ziehen. Ich schwöre, auch ich wache heute noch mit Rändern unter den Augen auf, weil Lykke nachts nicht schlafen möchte oder eine Frühaufsteherin ist.
Auch mein Perfektionismus hat mich am Anfang fast gelähmt. “Dieser Terrier wird gleich richtig erzogen.” Die ganzen Fehler, die wir damals gemacht haben, passieren mir nicht. “Ha ha ha!” Schnell wurde mir bewusst, dass wir beide nur daran scheitern können, wenn ich versuche alles richtig zu machen. Nach nun 8 Monaten, bin ich wieder gelassener und denke, dass Gröbste ist doch durch.
Obwohl ich gerade jetzt viele Veränderungen in Lykkes Verhalten registriere. Sie schlägt öfter an, ist aufmerksamer, bleibt immer mal stehen, um sich die Dinge von Weitem anzuschauen. Ihre Art auf andere zuzustürmen, interpretiere ich nicht nur als unbekümmerte Freude. Die erste Hitze ist durch und hatte zwischenzeitlich den Score ihrer “Pinkeln im Wohnzimmer-Liste” wieder nach oben getrieben …
Mache ich mir bewusst, dass ihr Hirn gerade im Umbau ist und das für sie noch weniger verständlich ist, wie für mich, kann ich mich abregen. Ich trete sinnbildlich einen Schritt zur Seite und denke “Es wird alles werden!”. Das hat sie mir jetzt schon so oft gezeigt. Vor allem, dass wir zusammenwachsen, ein Team werden. Ich vertraue ihr immer mehr und kann sie immer besser einschätzen.
Und das Entscheidende, sie vertraut mir!
“Streitgespräche” haben wir selten. Das zeigt mir, wieviel einfacher, in unserem Falle, es für Lykke wohl war und ist, sich auf den einen, ihren Menschen einzustellen. Wir kennen ja alle die Problematik, wenn mehrere Halter in der Hundeerziehung mitmischen und nicht der gleichen Meinung sind und getrennte Wege gehen. Dadurch wird es nicht einfacher für den Vierbeiner.
Gemeinsam durch den Alltag.
Es ist ein kleines Wunder, was dieser kleine Hund schon gelernt hat. Nicht das, was man so in der Hundeschule lernt, sondern für ein Zusammenleben. Es liegt noch viel vor uns und doch habe ich im Laufe der Monate gemerkt, wie sich Entspannung einstellt. Lockerlassen und jeden Tag aufs Neue spüren, was geht. Ein Hund verändert sich so schnell und anstatt sich einen Fahrplan zu machen mit vielen Do’s and Dont’s, ist es doch so viel schöner, erstmal anzunehmen, was mein Hund mir zeigt.
Leinen los!
Im wahrsten Sinne des Wortes. Lykke wird flügge und ich unterstütze sie dabei so gut ich kann und von ganzem Herzen. Ich wünsche mir, dass wir richtig gute Freundinnen werden, dass sie Hund sein darf, auch mal Entscheidungen trifft, autark ist und nicht ständig von mir korrigiert wird für Dinge, die mir (!) nicht gefallen. Natürlich heißt das nicht, sich ständig ausleben zu können. Das geht nicht und das meine ich auch nicht.
Sondern Verständnis für (m)einen Hund und sein Wesen. Akzeptanz und gemeinsam auf Augenhöhe sein und bleiben. Auch, wenn es mal schwierig wird. Das ich eine entscheidende Rolle in ihrer Entwicklung spiele, ist mir bewusst. Deswegen rate ich jedem, zumindest im ersten Lebensjahr seines Hundes, möglichst verantwortungsvoll voran zu gehen. Für Sicherheit zu sorgen und genau zu beobachten, wie und wohin der eigene Hund sich entwickelt. Denn jeder Vierbeiner ist anders!
Es liegt am Menschen, seinen Hund auf den richtige Weg zu bringen. Um diese Aufgabe kommen wir nun mal nicht rum. Gerade in der heutigen Zeit mit immer mehr Hunden in den Ballungsgebieten und immer weniger Platz, immer mehr gefühlter Rücksichtslosigkeit und Rambomäßigen Mitmenschen, muss ich die Nerven behalten und sicher durch die Herausforderungen des gemeinsamen Alltags führen.
Auszeiten und Glücksmomente, für beide Seiten, sind eklatant wichtig. Das schweißt zusammen und stärkt eine Beziehung. Auch hier ist der Mensch gefordert, dass geeignete Wohlfühlprogramm zwischen Anspannung und Entspannung für seinen Vierbeiner zu finden. Nicht immer nur höher, schneller, weiter, sondern eben genau das Gegenteil. Die Entschleunigung, gerade bei Welpen und Junghunden, sorgt für Ausgeglichenheit und Lebensfreude.
Lykke, ich nenne sie jetzt gerne Frau Klein, und ich, sind auf einem guten Weg. ♡
Einen Hinweis möchte ich euch hier gerne noch mit auf den Weg geben. Gerade bei den Terriern oder überhaupt bei Rassen, die gerne auf schnelle Bewegungsreize reagieren, sollte man früh genug die Weichen stellen, was die Auszeiten und die Auslastung betrifft. Die wenigsten von euch, werden ihren Hund jagdlich führen, vermute ich?
Bei einem Seminar von Gansloßer habe ich den Tipp bekommen, Welpen von der 10. – 20. Lebenswoche nicht mit Bewegungsreizen zu “beschäftigen”. Wie gerne wird so etwas ignoriert. Viele Dinge, die ein Hund in seiner Welpen- und Junghundezeit zeigt, sind erstmal niedlich. Erstmal! Dass sich in dem oben genannten Zeitraum der Beutereiz formiert, wissen die Wenigsten.
Für mich hieß das im Umkehrschluss: Kein Ball und keine Bällchenspiele.
Auch das lustige Vögel jagen oder mal eben einem Jogger nachsetzen, habe ich sofort gedeckelt. Das heißt nicht, dass ich vehement reingegrätscht bin, sondern habe meine Umwelt genau beobachtet und vorgesorgt.
Ja, das ist verdammt anstrengend aber es hat sich so sehr gelohnt! Lykke nimmt diese Reize natürlich auch wahr und springt hinterher aber ich kann sie viel besser abrufen und ablenken. Bälle findet sie bis jetzt relativ uninteressant. Ich finde es großartig.
Kleine Erklärung: Der Beutereiz gehört nun mal zum Jagdverhalten. Und nichts ist für die meisten Hunde schöner und instinktiver, als auf die Jagd zu gehen, ihrem Impuls zu folgen. Wenn nun bei solchen Reizen einem jungen Hund ständig nachgegeben wird, ja sie sogar unbewusst gefordert und gefördert werden, dann wird dabei im Körper Dopamin ausgeschüttet. Das sogenannte Glückshormon. Der Hund belohnt sich damit quasi selber. Je öfter er nun seinem Impuls nachgehen kann, desto häufiger verspürt unser Vierbeiner eine Art Rausch.
Wer von uns Menschen mag da noch “dazwischen” kommen letztendlich?!
Dann haben wir ein (Jagd)Problem. Eine mögliche Lösung:
Gemeinsam auf Jagd gehen!
Die “Beutelarbeit” ist dafür bestens geeignet und macht den meisten Vierbeinern Spaß. Das Beste daran, es ist in den Augen von Hunden eine äußerst sinnvolle Beschäftigung. Erkenne ich die Motivation meines Hundes, dann kann ich diese Arbeit überall mit einbeziehen.
Achtung: Auch exzessives Buddeln oder das sogenannte Wassertreten, erzeugen den Dopamin-Rausch, wenn wir es nicht vorzeitig unterbrechen. Vor allem aber sinkt mit der Zeit die Ausschüttung des Dopamins. Das heißt, dass geliebte Verhalten muss immer stärker gezeigt werden, damit Hund wieder das gewünschte Gefühl in der richtigen Dosis bekommt. Ein Teufelskreis für viele Hundehalter.
Vielen Dank! Ja, süß ist sie aber eben auch anstrengend zwischendurch. 😉
Hey Nina,
super süß die Kleine und toller Name! Bei meiner jetzigen Hündin konnte ich mich auch überhaupt nicht mehr daran erinnern, wie viele Herausforderungen einem in der Welpen- und Junghundephase bevorstehen. Alles Gute euch 🙂