Und zum Ende des Jahres “Omoiyari”

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Omoiyari

Bitte was? Ja, genau! Zufällig bin ich über dieses Wort – Omoiyari – gestolpert und es lässt mich nicht mehr los. Vielleicht ein Wink mit dem Zaunpfahl? Es kann überall und von jedem angewandt werden. Ursprünglich kommt diese Philosophie aus Japan und bedeutet so viel wie “Geben ohne zu erwarten“, oder Teilnahme, Mitgefühl, Rücksicht und Vorbehaltlosigkeit. Etwas von allem und doch auch nicht.

Wie schön, denke ich bei mir, aber warum spricht mich etwas so an, was ich in diesem Jahr so selten aktiv, oder noch weniger bewusst, praktiziert habe? Es ist der Wunsch nach mehr Verbindung, glaube ich. Dieser Leitsatz “Geben ohne zu erwarten“ aus der Philosophie des budō, der sich auf das Verständnis für die Probleme anderer Menschen und den rechten Umgang mit Freunden bezieht (Quelle: Budopedia), erscheint mir ungemein wichtig. Denn manchmal ist mir genau dieser Umgang mit anderen abhanden gekommen. Durch viele Gründe hat sich das soziale Leben verändert. Gelitten habe ich persönlich wenig darunter. Trotzdem ist auch mir aufgefallen, dass Kontakte auf der Strecke blieben und sogar verloren gingen. Aber war es mir egal?

Also dann: Omoiyari

Aber wie? Eine solche Übung beginnt im engeren Bekanntenkreis und erweitert sich schließlich auf die gesamte Umgebung. Sie entwickelt die universelle Liebe (jin), eine Kombination zwischen Mitgefühl und Wohlwollen, die ein reifer Mensch allen Wesen entgegenbringt, indem er ihr Leben schützt und ihre Lebensräume respektiert. Ehrliches Kümmern um andere enthält nie den Anspruch auf Ausgleich. Es kommt aus einem reinen Geist und einem ehrlichen Gefühl. Wenn die Fürsorge für andere nicht erwidert wird und man sich deshalb beleidigt fühlt, fehlt das ehrliche Wohlwollen. Wahre Hilfe hat keine Ansprüche. In ihr ist das aufrichtige Geben selbst der Lohn für die Bemühung. In der Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfe liegt eine weit stärkere Kraft als in der egoistischen Abgrenzung. Durch gegenseitiges Wohlwollen kann konstruktives Lernen entstehen. Übertriebenes Konkurrenzdenken schadet dem Fortschritt ebenso wie Gleichgültigkeit dem anderen gegenüber. (Quelle: Budopedia)

Puhhh, oder auch Wow

… denke ich. Aber ganz ehrlich? Was fällt uns, oder mir, daran so schwer? Vielleicht sind wir alle so extrem damit beschäftigt, uns von allem und jedem abzugrenzen und unser Ding zu machen. Nennt man das dann Selbstverwirklichung? Aber wie soll sie helfen, wenn niemand mehr da ist, mit dem wir unsere Anliegen teilen können? Schwierig. Und wir werden nach aktuellen Studien auch immer einsamer. Menschen leben alleine und leiden darunter. Manche suchen sich das aus, aber ich glaube nicht, dass das wirklich die Mehrheit ist. Auf Dauer macht Einsamkeit nämlich krank und nicht zufriedener, wie wissenschaftliche Studien eindeutig belegen.

Omoiyari gehört für mich somit zur emotionalen Intelligenz. Ein echtes “nice to have“ also?
Ja und nein, denn wir besitzen sie normalerweise alle von Geburt an, diese emotionale Intelligenz. Nur bei manch einem, geht sie wohl wieder verloren im Laufe der Jahre. Dabei lässt sie sich tatsächlich trainieren! Und das ganz leicht, in dem wir erstmal bei uns selber damit anfangen. Selbstreflexion ist ein erster wichtiger Schritt, denn ohne geht es nicht. Und wie durch Zauberhand, las ich die Tage bei meinem Lieblings-Achtsamkeits-Ratgeber “Ein guter Plan” einen guten Text dazu:

“Ohne Reflexion gehen wir einfach blind unseren Weg, erschaffen immer mehr ungewollte Konsequenzen und erreichen nichts Sinnvolles.“

Ich würde gerne noch hinzufügen, dass wir so auch unsere Mitmenschen nicht mehr erreichen. Dabei sind wir alles soziale Wesen. Wir brauchen andere Menschen. Ob uns das nun gefällt, oder nicht. 

In dem Zusammenhang fällt mir noch das Wort Selbstbewusstsein ein. Meist wird es gerne als Stellvertreter für Mut und Stärke benutzt. Alles fein, doch scheint mir die Bedeutung tiefer zu gehen. Sich seiner selbst erstmal bewusst zu werden und zu reflektieren: Was ist da bei mir los?
Dann kann ich auch ein tieferes Verständnis für den anderen entwickeln, ohne Vorbehalte. Emotionen und Gefühle bei mir und anderen zu erkennen und erstmal anzunehmen, ist leider ein seltenes Gut geworden. Mitgefühl hat nichts mit Mitleid zu tun und Empathie nichts mit Gefühlsduselei. 

Dann also: Omoiyari!

Ganz klar in 2023. Mich hat es sehr berührt, zum Jahresende auf dieses Wörtchen zu stoßen und es gehört meiner Meinung nach in all unser Repertoire. Nicht ständig, nicht verkrampft, aber da, wo wir Raum haben und uns öffnen können – für uns selbst und für den anderen. Gerade wenn wir sensibel durch unser Leben gehen, können wir mit einem kleinen bisschen mehr an Achtsamkeit und wenig Aufwand, für ein besseres Miteinander sorgen. Danke dafür.

Ich wünsche euch allen einen möglichst entspannten Jahreswechsel.
Denkt daran, eure Vierbeiner gut zu sichern! Auch sie freuen sich bestimmt über ein bisschen Omoiyari in 2023. Was meint ihr?
Von Herzen
Nina

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