Eine Frage, die ich nicht als Expertin beantworten vermag. Ich bin weder Verhaltensforscherin noch Neurowissenschaftlerin. Ich habe auch keine großen Studien dazu gelesen, denn die gibt es noch nicht. Also kann ich eigentlich gar nichts Fundiertes darüber sagen, ob ein Hund wirklich hochsensibel ist. Was ich aber kann, ist aufmerksam zuhören. Menschen und vor allem auch Hunden. Sie erzählen uns eine Menge, wenn wir sie lassen und dafür empfänglich sind.
15 – 20 % aller Menschen gelten als hochsensibel. In der Tierwelt sieht es ähnlich aus. Hochsensibilität bekommt immer mehr Beachtung. Was ich persönlich gut finde, wenn man es nicht übertreibt. Gerade die Tierwelt und besonders unsere Haustiere, Hund als auch Pferd, könnten davon profitieren. Viele Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen, die wir „noch“ auf andere Gründe schieben, könnten dann unter einem anderen Aspekt betrachtet werden. Unsere Hunde müssen heutzutage viel leisten. Genauso wie der Mensch. Ein Hochleistungsorganismus, der irgendwann zusammenbrechen kann, wenn man ihn überfordert und er sich nicht mehr anpassen kann.
Dass wir Menschen langsam lernen, das zu verstehen und dementsprechend zu handeln, macht Mut. Nur bei unseren Vierbeinern ist das noch nicht so richtig angekommen. Schaut man sich ein Hundeleben heute an, machte es den Anschein, als würden sie genau den gleichen Weg nehmen wie viele unserer Kinder und Jugendlichen. Immer unterwegs, immer eingespannt, Freizeitstress ohne Ende. Der Hund wird oft Platzhalter für unerfüllte Erwachsenenwünsche. Schaut man in den Sport, hat sich da in der letzten Zeit immens viel getan. Der Hund ist immer mit dabei. Ob er will oder nicht.
Vor kurzem hatte ich eine Umfrage zum Thema Hochsensibilität (kurz HS) gestartet, um mein Angebot besser anzupassen. Es gab einen Fragebogen und manchmal noch ein Telefongespräch im Anschluss daran. Es war erstaunlich, wie homogen die meisten Antworten waren. Besonders toll fand ich die Offenheit, die mir entgegengebracht wurde. Es hatte den Anschein, als fühlten sich viele endlich gesehen. „Ich merke gerade, ich bin garnicht so alleine und anders.“ Aber auch diejenigen, die angegeben hatten, sie hätten hochsensible Hunde, fanden auf einmal die Möglichkeit zu einem Gespräch und waren erleichtert.
„Oft werden diese Hunde total verkannt.“
So sagte es eine Teilnehmerin. Viele von ihnen durchlaufen einen wahren Teufelskreis bevor man ihnen einfach zugesteht, dass sie mit der Umwelt nicht klar kommen. Zu viele Reize und keine adäquate Filterung, wie beim Menschen mit HS auch. Zu wenig Ruhe, wieder eine Parallele. Und keine Lösung auf die Schnelle parat, das sorgt für immensen Druck.
Jetzt werden bestimmt viele denken „Na, und?!”. Das alleine sagt doch nichts über HS aus und sowieso ist das sicher Quatsch. Hunde werden in Watte gepackt und vermenschlicht. Wir reden hier aber nicht über Menschen, die ihren Vierbeiner zu Tode lieben und mit „mein Baby“ ansprechen, sondern meist sind es Halter, die ihre Hunde schon lange beobachten, gut lesen und reflektieren können. Ich denke nicht, dass man einen Vierbeiner aus Jux als hochsensibles Lebewesen bezeichnet. Zumindest noch nicht.
Auch berichtete mir eine Frau von ihrem Pudel, der mit dem alltäglichen Leben meist schon völlig überfordert ist. “Oft endet das in Aggression, wenn nichts mehr geht. Er weiß sich einfach nicht mehr zu helfen, versucht Stress abzubauen. Danach bricht er zusammen, weil auch das ihn völlig aus der Bahn wirft.” Ich nehme solche Berichte sehr ernst. Zeigen sie doch auch, wie wenig wir „vielleicht“ wissen über die zarte Seele mancher Hunde. Wie schön, wenn es dann Leute gibt, die das erkennen und dem Hund eine Chance geben, sein Leben zu leben.
In diesem Falle heißt das z.B. ein gutes Gruppenmanagement im Zusammenleben mit den anderen Hunden. Einen Vertrauensbuddy zu haben im eigenen Rudel, kann viel Sicherheit und Struktur geben. So etwas brauchen sensible Hunde. Die Halterin erzählte mir über ihre Spaziergänge. Diese dauern lange und sie bewegen sich im Zeitlupentempo. Alles, was Stress verursacht ,wird dort vermieden. Quality Time, nur für diesen Hund. Er kann sich alles in Ruhe anschauen und verarbeiten. „Manchmal steht er minutenlang da und beobachtet. Das kann schon mal dauern.“
Es gibt bestimmt eine Menge solcher Beispiele. Sicher ist das keine hundertprozentige Sicherheit für HS aber ein Indikator, eine mögliche Erklärung. Windhunden, z.B. Galgos, sagt man nach, dass sie mit einer besonderen Sensibilität ausgestattet sind. Feingliedrige Hunde mit immenser Wahrnehmung. Aber ich glaube, dass es viele bzw. auch alle anderen Rassen (be)treffen kann.
Auch einen Terrier. Solitairjäger sind auf sich alleine gestellt bei der Jagd, wie der Name schon sagt. Wie dumm wäre es dann, nicht jeden einzelnen Sinn optimal zu nutzen und schon eine Millisekunde im Voraus reagieren zu können. Alleine das reicht doch schon, damit Mutter Natur für höchste Sensibilität gesorgt hat, um im Notfall zu überleben. Vielleicht ist man gerade dann „anfälliger“, wenn die Welt zu viele Reize bietet. Ganz sicher, wenn so ein “Jäger” mitten in der Stadt lebt und dort garnicht zur Ruhe kommen kann.
HS ist kein Hokus Pokus.
Es ist ein Wesens- oder auch Persönlichkeitsmerkmal. Wenn man es erkennt, fühlen viele sich sehr befreit und erleichtert. Viele Fragen erklären sich plötzlich. Im Zusammenleben mit seinem Vierbeiner kann es sehr hilfreich sein, den Gedanken an HS zuzulassen. Gerade wenn andauernd Probleme im Alltag entstehen, die man sich nicht wirklich erklären kann.
Mit diesem Artikel möchte ich nur einen kleinen Ausschnitt des Themas HS und Hund anreißen. Ich befinde mich da auf unsicherem Terrain, denn gerne wird einem unterstellt, dass man nicht kompetent genug sei, über solche Dinge zu schreiben. Für mich hat HS ganz viel mit Gefühl zu tun und damit, dass man genau hinsieht und erkennt. Auch mal gegen die Norm zu denken.
Es gibt immer mehr Literatur zur Hochsensibilität. Nicht alles, was ich bis jetzt gelesen habe, gefällt mir. Schon garnicht, wenn das Ganze auf die Esoterikschiene gebracht wird oder als Krankheit tituliert. Das ist es nicht und ich möchte das hier nochmal ausdrücklich betonen! Wie wichtig dann Aufklärung ist, erklärt sich von selbst.
Hochsensibilität heißt für mich mit allen Sinnen erleben und das in einer sehr ausgeprägten Art und Weise. Was für den Menschen manchmal schwer händelbar ist, ist für einen Vierbeiner nicht unbedingt leichter. Schon garnicht in unserer schnelllebigen Welt. Auch “normal sensible” Hunde sind öfter mal mit unserem / ihrem Alltag überfordert. Sich zu besinnen und achtsam zu sein, kann da helfen. Beiden Seiten.
Weitere Artikel zum Thema HS:
Hochsensibel unterwegs mit Hund | Ein Versuch
Hochsensibel erleben mit Hund | Ein Workshop
Liebe Susanne, dann wünsche ich euch viel Freude, Glück und tolle Erlebnisse im Wohnmobil. Wenn ich könnte, wäre so etwas auch meine Lebensform. Aber das dauert noch ein bisschen. 😉 Hochsensibilität ist ein spannendes Thema und ich fühle mich sehr wohl damit. Ich freue mich, wenn du hier nochmal vorbeischaust. Alles Gute für euch! Herzliche Grüße Nina
Oh, HS bei Hunden <3 Als ich im September ca herausfand, was mit mir „nicht stimmt“ dauerte es nicht lang, bis mir auffiel, dass vieles vermutlich auch auf meinen Terroristi-Terrier passt. Wir sind also wohl beide HSP, wenn auch recht unterschiedlich.
Es steht schon länger auf der ToDo, mich auf der Suche nach Infos dazu bei Hunden zu machen. Da wir gerade aus dem stressigen Leben aussteigen und ins Wohnmobil ziehen, um künftig viel Natur und Ruhe genießen zu können, habe ich das Thema etwas hinten angestellt. Danke fürs aufmerksam machen, ich stöbere demnächst hier mal intensiver rum 😊
Liebe Grüße Susanne