Bei der Philosophie des Hundetrainings scheiden sich die Geister. Wer welchem Trainer vertraut und welchem Trainingsmodell man sich anschließt, hängt meiner Meinung nach ganz oft damit zusammen, wen man mag. Kann ich mein Gegenüber sprichwörtlich nicht riechen bzw. stimmt die Chemie nicht, dann kann auch das beste und ausgeklügeltste Training/Coaching nicht fruchten. Das beruht übrigens auf Gegenseitigkeit.
Man merkt schnell, welcher Mensch wirklich etwas angehen möchte oder ob er nur den berühmten An- und Ausschalter für das Verhalten seines Hundes sucht. Oft genug kommt das vor. Ich habe da immer wieder ein Szene aus einem Erstgespräch vor Augen. Ein Labradorwelpe, sehr aufgeweckt und ohne passende Beschäftigung und dementsprechend aufsässig.
Im ersten Termin sitze ich mit den Haltern gemeinsam vor einem riesigen Fernsehbildschirm mit eingeschaltetem Ton. Beide Besitzer rauchen und starren fast nur auf den Fernseher. Ich wähne mich im falschen Film und bin hin und her gerissen zwischen gehen und bleiben. Kann das sein? Versteckte Kamera?
Ich bitte die Menschen darum, den Ton abzuschalten und versuche ihnen etwas zu erzählen, habe aber wenig Hoffnung, dass es ankommt. Hier komme ich eine Zwickmühle. Einerseits möchte ich, dass Hund und Familie eine Chance bekommen zusammenzuwachsen, andererseits merke ich meine innerliche Abwehr.
Ich bewerte sofort und das ist nicht gerade hilfreich. Am Ende kommen sie regelmäßig aber mit mäßigen Erfolg. Die Zeit fehlt einfach, diesem quirligen Hund etwas zu bieten, mit dem er sich glücklich fühlt. Irgendwann trennen sich unsere Wege. Ein kleiner Schmerz bleibt aber das gehört zu meiner Arbeit.
Als Trainer muss man vielleicht idealistisch sein, darf sich nicht verbiegen und schon gar nicht auf jeden Zug aufspringen. Das macht unglaubwürdig. Aber fällt das den Kunden überhaupt auf? Was finden sie authentisch und wo fühlen sie sich aufgehoben. Trainer, die öffentlich in der Hundeszene unterwegs sind werden oft verherrlicht. Ihren Methoden wird viel Raum gegeben und man sieht irgendwann nur noch, dass es funktioniert bzw. ihren Erfolg. Egal wie.
An meinen ersten Arbeitstagen nach meiner Ausbildung wurde ich immer wieder gefragt, ob mein Ausbilder selber kommt. Große Enttäuschung, wenn ich das verneinte. Plötzlich war das Interesse nicht mehr so groß für ein Treffen. Es kann eben nur einen geben.
Wie komplex und sensibel das Thema Hundetraining ist, können wir jeden Tag selber erleben. Immer mehr Trainer/innen drängen auf diesen Markt mit fadenscheinigen Ausbildungskonzepten und wenig Praxiserfahrung. Die kann man aber nur sammeln wenn man aktiv arbeitet. Der theoretische Wissensstand nach der Ausbildung mag ja einigermaßen „groß“ sein, obwohl ich das selber nicht so empfunden habe, aber praktisch zu arbeiten ist etwas ganz anderes!
Hinzu kommt noch die allgemeine Verwirrung durch die diversen Zertifizierungen für Hundetrainer und deren Vorgaben. Man blickt nicht mehr durch. Oft ist das ein Grund seine Existenz zu verlieren oder entnervt aufzugeben. Es herrscht ein Druck, dem man nicht immer gewachsen ist.
Wieviele Hunde sind schon durch unzählige Schulen gelaufen, weil es einfach nicht passt mit der Art und Weise wie Mensch angeleitet wird, wenn überhaupt. Manche Trainer arbeiten in großen Gruppen, manche nur mit einem Mensch-Hund-Team. Leider versuchen einige sich zu profilieren über die Hilflosigkeit und Unerfahrenheit ihrer „Schüler“. Darüber wird selten geredet. Entweder ist die Scham zu groß, dass es beim eigenen Hund doch nicht so toll funktioniert oder man hält sich für nicht kompetent genug. Schade. Genau hier sollte der Mensch einhaken und nachfragen.
Es gibt so viele Beispiele und ich frage mich, warum wir oft so wenig auf unser Bauchgefühl hören? Erzählt mir jemand, dass ich mit einem Sprühhalsband die schnellsten Erfolge erziele, dann sollte ich ich mich doch erst mal fragen ob ich das wirklich möchte. Der schnelle, kurzzeitige Erfolg ist nicht selten ausschlaggebend.
Sagt mir ein anderer, Hunde kommunizieren nur körpersprachlich und ohne Stimme, dann sollte ich mir überlegen ob ich überhaupt in der Lage bin, meinen Hund nur körpersprachlich anzuleiten. Viele sind sich ihrer Mimik und Gestik gar nicht bewusst. So etwas kann einen Hund massiv verunsichern wenn er schon 3 Jahre lang ganz anders aufgewachsen ist. Im schlimmsten Falle kann er ganz plötzlich auffälliges Verhalten zeigen, weil er von heute auf morgen den Zugang zu seinen Menschen nun völlig verliert. Aber irgend jemand hat gesagt, so kommunizieren Hunde …
Immer wieder auf einen neuen Zug aufspringen und sich neue Methoden anzueignen, nur weil das gerade durch alle Netze kursiert, finde ich persönlich sehr unfair unseren Vierbeinern gegenüber. Es gibt unzählige Beispiele. Anscheinend ist das aber ein ganz typisches Verhalten bei uns Menschen. Neue Trends setzen Maßstäbe, auch in der Hundeszene. Sich abzugrenzen fällt oft schwer weil man sich dann alleine fühlt. Ich kann es nachvollziehen, auf beiden Seiten. Und doch ist es so wichtig, sich erst mal für einen Weg zu entscheiden, den man umsetzen kann als Mensch und das in Ruhe.
Der Hund hat kaum Probleme uns zu lesen und uns zu verstehen. Er ist ein Meister darin und das sehr schnell. Der Mensch braucht länger, das ist klar. Deswegen ist es vielleicht beruhigender ständig etwas Neues auszuprobieren, damit ich das Gefühl habe alles richtig zu machen. Für unsere Vierbeiner ist das oft fatal.
Dann doch lieber “gar nichts” machen und Hund kann einfach mitlaufen. Wenn er nicht auffällig wird haben alle Glück gehabt. Das nennt man dann heutzutage „Familienhund”. Über diesen (Un)Begriff liest man ja auch immer eine Menge. Interessant sind die Rassen, die in diesem Zusammenhang gerne genannt werden. Wird der beste Freund dann doch auffällig, hat man ein Problem. Aber damit kann man dann zu 1001 Hundetrainern in Deutschland gehen. Irgendeiner wird das Problemchen schon richten!
Entschuldigt meine harten Worte. Ich sehe nur mit Sorge, was sich so alles im Netz rumtreibt und sich als „die Methode“ schimpft. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und möchte auch nicht nur kritisieren, aber ein Lebewesen, dass auf uns angewiesen ist um in unserer Gesellschaft möglichst gut durchzukommen, hat mehr als das verdient. Schaut mal in unsere Tierheime. Da kann man oft sehen, was falsch verstandene Hundeliebe bedeutet. Ich bin immer für konstruktive Kritik offen und die dürft ihr auch immer wieder gerne hier loswerden.
Danke.