Zwei Wochen kleines Glück

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Vor zwei Wochen ist das kleine Glück bei mir eingezogen, Lille Lykke. Ihr Name ist Programm. Ich hätte es nicht besser mit ihr treffen können. Auch, wenn mir das im Unterbewusstsein schon klar war, hatte ich am Tag ihrer Abholung plötzlich Zweifel.

Ein Welpe ist ein „weisser hund“.

Und damit übernimmt man eine Menge Verantwortung. Ein „weisser hund“ steht für mich, seit dem ich Hundetrainerin bin, als Metapher. Ein weisser hund, ist wie ein weisses Blatt Papier. Noch völlig unschuldig und unbeschrieben. Wir geben diesem Papier unsere Handschrift bzw. dem Hund, einen großen Teil seines Wesens. Und das ist keine kleine und manchmal auch keine leichte Aufgabe.

Plötzlich bricht es über mir ein. Noch garnicht lange ist es her, seit ich meine Seelenhündin Frida verloren habe. Innerhalb von wenigen Tagen ist sie gestorben. Bis heute ist es mir nicht gelungen ihren Nachruf zu schreiben. Und auch jetzt, bei diesen wenigen Sätzen, laufen mir sofort die Tränen. Ich kann es nicht und ich würde so gerne. Aber es tut immer noch so höllisch weh. Sie möge mir verzeihen.

Zwei Wochen kleines Glück | der weisse hund
Frida 02.03.2007 | 06.09.2018

Und nun gibt es da einen Welpen, dem ich gerecht werden möchte und auch muss. Alles andere wäre nicht fair. Alles andere wäre undenkbar. Ich sitze im Auto und denke und denke und denke. Mein Herz brennt, alles schreit in mir und ich verstehe es nicht, verstehe mich nicht. Warum jetzt. Ich wollte doch wieder einen Hund, eine Freundin und Begleiterin. Was habe ich übersehen? …

Ich bin nicht perfekt!

Und ich bin keine Maschine. Zu meinem Verlust kommen enorme Ansprüche an mich selbst, merke ich. Was oft verdeckt unter meiner Oberfläche schlummert, nehme ich manchmal garnicht bewusst wahr. Auch, wenn ich mich sehr gut kenne, meine Baustellen, bin ich manchmal betriebsblind, trotz meiner ganzen Sensibilität. Im Notfall wird einfach ausgeblendet. Dann funktioniere ich, bis dann …

Bis dann eben so ein Einbruch kommt.

Überfordert von meiner Gefühlswelt und der neuen Aufgabe, die ich mit Bravour bestehen möchte, fahre ich mit Lykke nach Hause. Schon auf dem Weg beruhige ich mich. Sie weint nicht, nur die ersten 10 Minuten. Dann schläft sie und ich freue mich. Plötzlich erscheint alles leichter. Was für ein Gefühlskarussell. Warum diese Zweifel? Können Trauer und Freude so nah beieinander liegen? Und dürfen sie das? Ja!

Wenn ich eines gelernt habe, als hochsensibler Mensch, dann, dass auch solche Momente zu mir gehören. Es ist eine Facette meiner sensiblen Seite. Die Angst nicht zu reichen und kläglich zu versagen, schwingt immer wieder mit. Auch, wenn ich gerade in diesem Jahr so viel geschafft habe, sehe ich es nicht. Es könnte immer mehr sein.

Ich weiß genau, das ist Quatsch. Denn ich habe mal wieder einen Umzug geschmissen, einen Neustart in Sachen Selbstständigkeit gewagt, Frida beim Sterben begleitet, währenddessen versucht weiterzuleben und noch irgendwie mittendrin ein eBook geschrieben …

Und trotzdem ein Gefühl vom Scheitern

Ich konnte sie nicht retten. Ich konnte sie nur halten. Ich mache mir stille Vorwürfe.

Und jetzt halte ich Lykke und ich habe eine scheiß Angst, sie auch, in irgendeiner Form, zu verlieren. Sie plötzlich loslassen zu müssen ohne etwas dagegen tun zu können. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit hält mich noch immer gefangen und genau darum ist mein Anspruch an mich so hoch, dass ich ihn nicht erfüllen kann. Ich sage mir selber, dass ich es nicht muss. Denn ich weiß, tief in mir drin, dass sie es nirgendwo besser haben wird.

Es ist die Angst, die mein Herz immer noch umklammert und mich manchmal nachts aufwachen lässt. Die Angst etwas zu verlieren, was so kostbar und unersetzlich ist, wie ein kleines Glück.

Zwei Wochen nach dieser Autofahrt sitze ich nun hier, schaue auf Lykke und mein Herz schlägt ruhiger. Ich bin so zufrieden, wie schon lange nicht mehr. Wir werden wachsen, gemeinsam und zusammen. Wie mit Frida und doch anders. Die beiden zu vergleichen liegt mir fern. Und doch haben sie viele Ähnlichkeiten, was mich sehr freut. Auch Lykke redet und lacht.

Zwei Wochen kleines Glück | der weisse hund
Erste gemeinsame Tage

Alltag leben – mit all seinen Herausforderungen

Wir beide, zusammen. Und das reicht. Ich habe meinen Anspruch, aus ihr einen möglichst „tollen“ Hund in Sachen Erziehung und Co. zu machen, nicht aufgegeben aber zu Seite geschoben. Sie muss keine besonderen Aufgaben erfüllen und darf in Ruhe das Leben kennenlernen. Alles andere hat Zeit.

Heute habe ich ein schönes Zitat gelesen und etwas für uns abgewandelt:

„Die Motivation, dem Leben zu begegnen, entsteht nicht durch ständiges Üben unter extremen Ansprüchen und Bedingungen, sondern durch einfühlsames an die Hand nehmen und Kennenlernen positiver Momente, die es dem Hund und Menschen einfach machen.”

Gemeinsame Begeisterung für das Leben und seine Abenteuer verbindet und sorgt im schönsten Falle für großes Glück. Dank Lykke. ♡

KategorieHund und Verhalten

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Kommentare 2

  1. der weisse hund 2. Dezember 2018

    Liebe Sandra,
    was für ein schöner Kommentar, danke dafür. Unsere Seelenhunde werden uns niemals verlassen und am Ende unseres Lebens, werden wir sie wiedersehen. Das wäre mein allergrößter Wunsch … Und ich wünsche jedem einmal in seinem Leben, einen solchen Vierbeiner getroffen zu haben.
    Alles Liebe und ich drücke zurück!
    Nina, Frida & Lykke

  2. Ich wünsche euch beiden eine wundervolle und glückliche gemeinsame Zeit.

    Ich kann dich sehr gut verstehen. Nach Rocky Tod hab ich nur funktioniert. Ich hatte Shiva an meiner Seite und musste für sie funktionieren. Wie kann das Leben weitergehen? Wie kann die Welt sich weiterdrehen, obwohl mein Seelenhund doch gegangen ist? Lange Zeit konnte ich nicht über ihn sprechen oder Fotos anschauen. Jetzt liegt sein Tod schon über 6 Jahre zurück und mir zieht es immer noch das Herz zusammen, wenn ich an den Verlust denke.

    Fühl dich ganz doll gedrückt.

    Sandra & Shiva

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